Das Zeitalter des Barocks

 

Das Welt- und Menschenbild der Barockzeit (17. Jahrhundert) ist aus dem zentralen Erlebnis des Dreißigjährigen Krieges zu verstehen. In seinem Verlauf starben zwei Drittel der Bevölkerung durch Kämpfe, Seuchen und Hungersnöte. Fast alle waren in diesen Krieg miteinbezogen. Besitz und Leben waren in großer Gefahr. Die Gesellschaft war geprägt von Unsicherheit, Angst und dem Gefühl der Vergänglichkeit alles Irdischen. Sie ging in der maßlosen Verrohung der Sitten unter. Der Teufelskult und die Hexenprozesse fanden ihren Höhepunkt. 

 

Der Dreißigjährige Krieg war eine Folge der Kämpfe zwischen Protestanten und Katholiken. Aber nicht nur die Religion hatte ihren Beitrag zu diesem Elend beitragen: Es gab einen Machtkampf zwischen den feudalabsolutistischen Mächten wie Österreich, Spanien und der römischen Kirche einerseits und den modernen absolutistisch-bürgerlichen Staaten wie Frankreich, Schweden und den Niederlanden andererseits. Dieser Krieg endete mit dem Westfälischen Frieden. Das Resultat war die Zersplitterung Deutschlands in unzählige Kleinstaaten, so dass die wirtschaftlich-politische Entwicklung Deutschlands in der Folge schwierig war. 

 

Aber auch die Osmanen bedrohten im Laufe des Jahrhunderts mehrmals das geschwächte Mitteleuropa. 1683 konnten sie erst bei der Wienbelagerung besieht und verdrängt werden. Pestepidemien trugen zur Dezimierung der Bevölkerung bei, so dass die Bevölkerung Deutschlands von 17 auf acht Millionen schrumpfte. 

 

Die Mystik 

 

Die "Vergänglichkeit" ist  - wie bereits erwähnt - eine Grunderfahrung der Bevölkerung. Der Pessimismus beherrscht die Menschheit, und somit sucht der Mensch Trost in der Religion oder in der geistigen Welt. Der Religionsstreit jedoch hat das Vertrauen in die klerikalen Institutionen erschüttert. Daher wird die Mystik, eine persönliche undogmatische Gottesanschauung, institutionalisiert, um den Menschen in den Bann zu ziehen. 

 

Der bürgerliche Gelehrte als Dichter

 

Literarische Werke werden bis zum Zeitalter des Barocks nur von einer kleinen Gruppe von Menschen hervorgebracht. Diese Gruppe besteht aus Geistlichen und Adeligen. Im 17. Jahrhundert ist der bürgerliche Dichter dann Teil dieser Gruppierung. Sie alle haben eine universitäre Ausbildung genossen und sind somit mit der Rhetorik und der Poetik vertraut, denn dies ist Voraussetzung, um in der Dichtkunst ausgebildet zu werden. 

 

Die Autoren sind Geistliche, Ärzte, Verwaltungsbeamte oder Universitätsprofessoren im Dienste der (Landes-)Fürsten. Sie sind keinesfalls frei Schriftsteller, wie es heute der Fall ist, sondern sind Lohnempfänger, denn von der Produktion literarischer Texte kann niemand leben, da man mit Büchern in der Regel kein Geld verdient. Die Auflagen sind niedrig und die Herstellungskosten hoch. Romane kann sich der gemeine Mann nicht leisten, sondern nur Adelige und vermögende Bürger. Ein Roman kostet zm Beispiel einen Monatslohn eines Beamten niedrigen Ranges. 

 

Im Barockzeitalter ist der größte Teil der Literatur Gelegenheitsdichtung. Man schreibt bei Hofe als Fürstenhuldigung oder zur gehobenen Unterhaltung. Für den wohlhabenden Bürger schreiben Dichter für Taufen, Beerdigungen, Hochzeiten. Die Dichtung des Barock wird deswegen auch als Gesellschaftsdichtung bezeichnet. 

 

Dichtung als Mittel der Disziplinierung

 

Neben dieser Gesellschaftsdichtung dienen die lehrhaften Werke dazu, die Leser zu tugendhaftem Leben zu instruieren. Poesie ist dahingehend auch eine Art Disziplinierungsmittel. Selbstbeherrschung und das Unterdrücken weltlicher Leidenschaften, aber auch das Erkennen einer höhen weltlichen und göttlichen Ordnung sind die Hauptziele dieses Disziplinierens. 

 

Die Barock'sche Dichtkunst

 

Barockdichtung ist keinesfalls Erlebnisdichtung, denn ein damaliger Dichter will damit nicht sein subjektives Erleben ausdrücken, sondern die Beherrschung der Sprachmittel, durch welche ein Sachverhalt in geschmückter und gewählter Rede umschrieben wird. Dichtung, so ist man zu jener Zeit der Meinung, sei erlernbar, denn je höher der Stil, desto reicher sollen die rhetorischen Figuren sein. Eine Liste der rhetorischen Figuren finden Sie unten als Dokument. 

 

Die Barock'sche Lyrik

 

Die Hauptvertreter der Lyrik der Barockzeit sind Paul Fleming, Martin Opitz, Andreas Gryphius, Christian Hofmann von Hofmannswaldau, Simon Dach, Johann Christian Günther, Angelus Silesius und Friedrich von Logau. Ihre Gedichte drücken weniger etwas Persönliches aus, vielmehr vermitteln sie eine allgemeingültige Behauptung zum Ausdruck, eine Lehre oder ein Lob. Die Lyrik des Barockzeitalters ist öffentlich und gesellig, Individuelles wird verallgemeinert, Persönliches wird durch die Metaphorik und vor allem durch ihre Form objektiviert. 

 

Formen der Lyrik

 

Weltliche und geistliche Lyrik bestehen gemeinsam. Im weltlichen Bereich sind vor allem Liebesgedichte, Soldaten- und Trinklieder, aber auch Lobgedichte und Grabschriften sowie Gedichte öffentlich-gesellschaftlichen Charakters. Die geistliche Lyrik konzentriert sich auf die Weiterführung des Kirchenliedes des 16. Jh.s. 

 

Barocke Epigrammkunst

Weltliche Epigramme sind Sinngedichte, die zeit- und gesellschaftsbezogen sind, jedoch einen satirisch-kritischen Inhalt haben, welcher wiederum auf eine belehrende Pointe hin ausgerichtet ist. Angelus Silesius  wiederum wird als Meister des geistlichen Epigramms gesehen. Er geht von der protestantischen Mystik aus, konvertiert später aber zum Katholizismus: 

 

Angelus Silesius: Aus dem Cherubinischen Wandersmann

 

Gott ist in mir / und ich in Jhm.

Gott ist in mir das Feur / und ich in Jhm der schein:

Sind wir einander nicht gantz jinniglich gemein?

 

Der Mensch ist Ewigkeit.

Ich selbst bin Ewigkeit / wann ich die Zeit Verlasse /

Und mich in Gott / und Gott in mich zusammen fasse.

 

Silesius versenkt sich in sein Inneres und versucht, mit Gott ohne Hilfe der Amtskirche eins zu werden. Dabei verzichtet er auf weltliche Freuden und predigt Gleichheit aller Menschen vor Gott.

 

Das Enblem

Das Emblem oder Sinnbild spielt in der Barock'schen Dichtung eine wichtige Rolle. Das ist eine bildliche Darstellung, die auf einen tieferen Sinn verweisen soll, also mehr bedeutet, als sie vorstellt. Mit anderen Worten: Ein Emblem ist ein Wort in einem Kontext, durch den es anders determiniert wird, als es bedeutet. Eine Erläuterung (Subscriptio), oft in Form eines Epigrammes, erklärt das Bild (Imago oder Pictura), gibt ihm also die eigentliche Bedeutung. 

So bedeutet etwa das Bild eines Adlerhorstes, in den Ameisen eindringen und die Eier des Vogels zerstören, die Bedrohung des Fürsten durch die Bevölkerung. Die Pictura des Totengerippes mit Stundenglas und Hippe ist eine Allegorie auf den Tod, entspricht also dem Vanitas-Gedanken des Barocks. 

Aber es gibt auch heute noch Embleme: So meinen Krokodilstränen auch heute noch Unaufrichtigkeit und geheuchelten Schmerz. 

 

Die Prosadichtung im Barock'schen Zeitalter

 

Groß ist die Romanproduktion im Verlaufe des 17. Jahrhunderts noch nicht. Gegen Ende der Epoche werden im Jahr sechs bis acht Romane gedruckt. Neben dieser Form der Epik finden wir Novellen, Erbauungsliteratur (= Literatur, die der Stärkung von Glauben und Frömmigkeit dient), Satiren oder unterhaltende Gebrauchsliteratur. Auch die Volksbücher des 15. und 16. Jh.s werden wesentlich weniger. 

Die drei Hauptgattungen des deutschen Roman im Barockzeitalter sind der höfisch-historische Roman, der Schäferroman und der Schelmenroman. 

 

a) Der höfisch-historische Roman

 

Der Roman des 16. und 17. Jahrhunderts gliedert sich in zwei Gruppen. Sie sind durch das jeweilig behandelte Milieu verschieden. „Die hochadelige Welt“ steht dem sündigen, gemeinen Menschen gegenüber. Das teilt die barocke Literatur in einen „hohen“ und einen „niederen“ Roman. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, änderte sich das allmählich und man legte mehr Wert, auf konkrete Fragen die, die reale eigene Welt betrafen.  Der Ausgangspunkt ist als die Auseinandersetzung zwischen   Ideal und Wirklichkeit zu verstehen.

 

 

„Das Ideal oder der Sieg der heiligen Ordnung wird im Bereich der Hochadeligen Welt zelebriert; die fehlerhafte Ordnung, bedingt durch die Erbsünde, wird unter ungültigen, gemeinen Menschen abgehandelt. Daher kann man vereinfachend auch vom hohen und niederen Roman sprechen“. (Rötzer)

 

b) Der Schäferroman

 

Er spielt überwiegend in einer idealen Natur, in der sich edle junge Menschen, eines unbeschwerten Lebens der Freundschaft und Liebe, ohne den Problemen der Wirklichkeit erfreuen. Der Schäferroman ist eine Mischung von Ritterroman, sentimentalem Schlüsselroman und arkadischer Idylle. Schon in der ersten Hälfte des 17.Jahrhunderts wurden die wichtigsten Schäferromane, aus dem Französischen und Italienischen, ins Deutsche übersetzt. Die erste deutsche Schäfergeschichte, Martin Opitz`Schäfferey von der Nimfen Hercinie (Breslau, 1630), ist eine Gelegenheitsdichtung, mit der Opitz seinem Gönner, seine Reverenz erweisen will.

 

„Er entwickelte ein Schema, das […] in den deutschen Sprachgesellschaften nachgeahmt wurde. In diesen Dichtungen fehlt das Liebespaar, über Liebe wird nicht geschrieben, sondern über sie wird reflektiert.“ (Rötzer)

 

c) Der Schelmenroman

 

Der pikareske Roman entstand im 16. Jahrhundert in Spanien. Sein Held, der picaro (Spitzbube, Schelm), ist ein den untersten sozialen Schichten entstammender Bursche, der sich, frei von allen moralischen Hemmungen, geschickt als Diener wechselnder Herren durchs Leben schlägt und dabei ,trotz aller Missgeschicke, immer wieder auf den Beinen landet.

„Als Kennzeichen des Schelmenromans gilt, dass sein pseudoautobiographischer und sein paraenzykopädischer Erzählstrang dadurch zusammengeführt werden, dass der Schelm auf seiner Lebensreise Einblicke in zahlreiche Gesellschaftskreise erhält“. (Rötzer)

 

Der Blick des Ich-Erzählers ist im Schelmenroman von unten nach oben gerichtet. Er erzählt von Anfang bis zu seinem Lebensende autobiographisch. Dadurch wird dem Leser sein abenteuerliches Lebens erzählt, gleichzeitig wird die   Perspektive des gealterten und erfahrenen Erzählers dargestellt. 

 

Einer der bekanntesten Schelmenromane des Barockzeitalters ist Der abentheuerliche Simplicissmus Teutsch. Nebst diesem müssen aber auch noch Courasche und Springinsfeld genannt werden. Alle drei Schelmenromane stammen von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen. 

 

Die Dramatik im Barock

 

Theater im 17. Jh. kann im deutschsprachigen Raum viel bedeuten. Neben dem prostestantischen Drama (Andreas Gryphius und Daniel Caspar von Lohenstein), und dem katholischen Schul- und Ordensdrama (Jesuitendrama), dessen wichtigste Dichter Jakob Biedermann und Simon Rettenbacher sind, gibt es das Laienspiel (Oberammergauer Passionsspiel seit 1650), das professionelle Wandertheater, das Hoftheater und die Oper. Dabei bestehen zwischen den diversen Bereichen Synergien: An Fürstenhöfen bekommen Wandertruppen Engagements, und Schuldramen werden öffentlich aufgeführt oder von Wanderbühnen bearbeitet. 

 

Impulse aus Italien

Italien liefert neue Impulse über die Oper und die commedia dell' arte. Letzteres ist ein Stegreiftheater, in dem es kein wörtlich festgelegtes Skript gibt, sondern nur einen Handlungsverlauf und eine Szenenfolge. Die Schauspieler verkörpern somit nur Typen und keine Charaktere. Sie müssen improvisieren und bedürfen einer stark ausgeprägten Gebärdensprache. Somit kommen der Bewegung, der Mimik und der Gestik eine große Bedeutung. Menschliche Schwächen werden stark überzeichnet, also widergespiegelt und karikiert dargestellt. 

 

Exkurs zur commedia dell' arte: Ein Charakter der commedia dell' arte ist Oduardo, ein dumper Bauernbub. Im Trauerspiel Emilia Galotti von Gotthold Ephraim Lessing heißt der bürgerliche Vater ebenfalls Oduardo. Als sich seine Tochter das Leben nehmen will, sticht er sie mit dem Messer ab, da der Freitod ja nicht erlaubt ist. Dadurch dass der Schauspieler am Burgtheater aber normalerweise einen dummen Bauernbuben spielen muss, jetzt aber ein Bürgerlicher ist, nimmt er das Messer, sticht die Tochter ab, zieht das Messer heraus und schleckt es - wie ein Nutellamesser in der Früh - ab. Der Kaiser muss lachen, das Publikum auch. So wurde irrtümlicherweise aus einem bürgerlichen Trauerspiel eine Verlachkomödie. 

 

Das Drama im Dienste der Kirche

Im Schultheater entwickeln sich zwei Arten von Dramen: das Schul- und Ordensdrama der Jesuiten und das protestantische Drama

Das Schul- und Ordensdrama soll eine Verteidigung des einzig wahren Glaubens darstellen und ist ein Programm der Gegenreformation. Ketzer und Abgefallene sollen hier bekehrt werden. Das Publikum soll zu einer inneren Umkehr bewogen werden und außerdem die irdische Vergänglichkeit erkennen. Die Stoffe, die das Schul- und Ordensdrama beinhaltet, stammen aus dem Alten Testament und der Antike, später auch aus der Gegenwart. 

 

Das deutschsprachige Kunstdrama

Das deutschsprachige Kunstdrama beginnt mit Andreas Gryphius. Dieser verbindet in seinen Trauerspielen Glaubensstärke und Stoizismus mit der Welt der hohen Politik. Stoizismus meint eine Art Selbstbeherrschung und Gefühlslosigkeit. 

 

Die Komödie im Barock

Die Komödie wird (siehe Dramatik) mit niederem Personal dargestellt. Sie zeigt Bürger oder Bauern in privaten und/oder unpolitischen Bereichen. Eines der bedeutendsten Dramen des Barocks ist von Andreas Gryphius und heißt Horribilicribrifax

 

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Quellen: 

Manfred Mittermayer et al, Das Zeitalter des Barock. In: Diess. (Hgg.), Abriss der deutschsprachigen Literatur von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Lehr- und Arbeitsbuch. 3. überarbeitete Neuauflage. Braumüller: Wien 1999.

Gerald Reiner et al., Literatur des Barock. In: Diess. (Hgg.), Stichwort Literatur. Geschichte der deutschsprachigen Literatur. 6. Auflage. Veritas: Linz 2014.

Hans Gerd Rötzer, Der Roman des Barocks 1600 - 1700. Winkler: München 1972. 

 

 

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Die rhetorischen Figuren
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