Exilliteratur

 

Der Terminus „Exil“ wird vom lateinischen exilium abgeleitet und bedeutet ‚Verbannung‘. Ein anderer Begriff für Exilliteratur ist Emigrantenliteratur und wird daher in diesem kurzen Überblick synonym verwendet. Unter Emigranten- bzw. Exilliteratur versteht man jene Werke, die Exil entstanden sind, weil die/der Schriftsteller/in (meist) politisch verfolgt wurde.

 

Ist man Emigrant/in, so bedeutet dies, dass man sein Land aufgrund politischer oder religiöser Verfolgung verlassen musste. Das Exil ist also jenes Land, in das er/sie flieht. Es ist aber auch wichtig, dass man zwischen Exilierten und Emigranten unterscheidet, denn Exilierte sind Schriftsteller/innen, Künstler/innen und/oder Politiker/innen. Emigrant/innen hingegen sind Ausgewanderte wie z.B. eine große Anzahl von Jüdinnen und Juden.

 

Im Jahre 1929 waren die sogenannten „Goldenen 20er Jahre vorbei“ und es setzte eine starke Wirtschaftskrise ein, weswegen es ab 1930 diverse Notverordnungen gab. Durch diese Krise gewann die NSDAP immer mehr Anhänger/innen. In Deutschland hatte Adolf Hitler ab dem 30. Jänner 1933 die politische Macht. Vier Wochen später, also am 27. Feber 1933 kam es zum Reichstagsabend, auf welchen eine Verfolgungs- und/oder Verhaftungswelle folgte. Am 10. Mai desselben Jahres kam es zu einer großen Bücherverbrennung, die unter dem Motto „Wider den undeutschen Geist“ stand. Bei dieser Verbrennung wurden Werke von über 250 Autor/innen vernichtet, weswegen es kurz darauf zu einer heftigen Auswanderungswelle kam. 1935 wurden schließlich die Nürnberger Gesetze erlassen, die sich gegen die Juden wendeten.

 

Die Exilautor/innen waren weit weg aus Deutschland und Österreich verstreut. Sie kamen aber bald zum Schluss, dass sie nur vereint etwas gegen den Nationalsozialismus unternehmen können, denn nur gemeinsam waren sie stark. Die ab 1933 in Prag erschienene Zeitung „Neuen Deutschen Blätter“ versuchte mit dichterischen, aber kritischen Worten dem NS-Regime entgegenzutreten. Auch die Zeitschrift von Heinrich Mann, dem Bruder von Thomas Mann, die den Namen „Die Sammlung“ trug hatte sich zum Ziel gesetzt, antifaschistische Autor/innen zu vereinen.

 

Literarische Formen dieser Zeit waren der historische und der Gesellschafts-, aber auch Zeitroman, Flugblätter, Manifeste, Radioreden, Tarnschriften [1], Zeitschriften, Lehrstücke.

 

Vertreter der Exilliteratur waren

 

o    Walter Benjamin (1892-1940)

o    Bertolt Brecht (1898-1956)

o    Ferdinand Bruckner (1891-1958)

o    Alfred Döblin (1878-1957)

o    Lion Feuchtwanger (1884-1958)

o    Oskar Maria Graf (1894-1967)

o    Walter Hasenclever (1890-1940)

o    Wieland Hertzfelde (1896-1988)

o    Heinrich Mann (1871-1950)

o    Thomas Mann (1875-1955)

o    Robert Musil (1880-1942)

o    Erich Maria Remarque (1898-1970)

o    Ludwig Renn (1889-1979)

o    Joseph Roth (1894-1939)

o    Nelly Sachs (1891-1970)

o    Anna Seghers (1900-1983)

o    Ernst Toller (1893-1939)

o    Kurt Tucholsky (1890-1935)

o    Franz Werfel (1890-1945)

o    Carl Zuckmayer (1896-1977)

o    Stefan Zweig (1881-1942)

Folgende Werke gehören zur Exilliteratur:

 

ü  Die Rassen (1933) - Ferdiand Bruckner

ü  Joseph und seine Brüder (1933-43) - Thomas Mann

ü  Die Rundköpfe und die Spitzköpfe (1934) - Bertolt Brecht

ü  Henri Quatre (1935-38) - Heinrich Mann

ü  Pardon wird nicht gegeben (1935) - Alfred Döblin

ü  Die Gewehre der Frau Carrar (1937) - Bertolt Brecht

ü  Konflikt in Assysrien (1938) - Walter Hasenclever

ü  Lotte in Weimar (1938) - Thomas Mann

ü  Der gute Mensch von Sezuan (1938-42) - Bertolt Brecht

ü  Das Leben des Galilei (1938-53) - Bertolt Brecht

ü  Mutter Courage und ihre Kinder (1939) - Bertolt Brecht

ü  Svendborger Gedichte (1939) - Bertolt Brecht

ü  Abschied (1940) - Johannes Becher

ü  Herr Puntila und sein Knecht Matti (1940) - Bertolt Brecht

ü  Exil (1940) - Lion Feuchtwanger

ü  Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui (1941) - Bertolt Brecht

ü  Das siebte Kreuz (1942/47) - Anna Seghers

ü  Adel im Untergang (1944) - Ludwig Renn

ü  Transit (1944) - Anna Seghers

ü  Doktor Faustus (1947) - Thomas Mann

 



[1] Eine Tarnschrift ist ein Werk, das mit falschem Umschlagstitel und gefälschtem Impressum zur Unterstützung des Widerstandes gegen den NS ins Dritte Reich eingeschleust wurde. Das war notwendig, um die antifaschistischen Leser/innen und Verbreiter/innen zu schützen, so auch Bertolt Brechts Aufsatz „Fünf Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit“ unter „Satzungen des Reichsverbands Deutscher Schriftsteller“.

 

Quelle: Claudio Mende, Exilliteratur. 1933 - 1945. In: Ders. (Hg.), Epochenüberblicke zur Deutschen Literaturgeschichte. Königs Literaturgeschichte. CD-ROM.

 

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