Sturm und Drang (1767 -1790)

 

Der Terminus "Sturm und Drang" leitet sich vom gleichnamigen Drama von Friedrich Maximilian Klinger ab. Die Epoche endet mit dem Wandel von Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller zum Klassizismus, welcher durch die Bildungsreise nach Italien von Goethe und Schillers Studien zu Immanuel Kant. 

 

Der Mittelpunkt dieser Epoche ist die Genieästhetik. Die Poetik folgt nun keiner Regel mehr. Der Zeitraum 1767 bis 1790 wird auch als Geniezeit bezeichnet. Starke Impulse wurden durch William Shakespeare gesetzt, denn er war das Vorbild, das Idol, der Stürmer und Dränger. 

 

Diese Phase der Genieästhetik ist auch durch den Konkurrenzdruck am literarischen Markt zu verstehen. Die Epoche des Sturm und Drangs ist aber nicht nur von der Genialität gekennzeichnet, sondern auch durch die Subjektivität. Oftmals wird der Sturm und Drang als Gegenbewegung zur Aufklärung gesehen, dies entspricht aber nicht der Wahrheit, denn mit dieser Epoche tritt die Aufklärung in eine neue Phase ein. Die Rationalität, durch die die Aufklärung geprägt war, wird nun durch Gefühlsregungen des Sturm und Drangs erweitert. Ab jetzt bilden Ratio und Emotion eine Einheit. 

 

Das Drama im Zeitalter des Sturm und Drangs

 

Das Drama war die bevorzugte literarische Form der Dichter des Sturm und Drangs. Bestimmt war es durch die erzieherische und bildende Funktion. Durch die Werke Die Räuber und Kabale und Liebe von Friedrich Schiller und dem Götz von Berlichingen von Johann Wolfgang von Goethe wurde das deutsche Theater dem englischen und französischen ebenbürtig. 

 

Es gibt jedoch eine Neuerung im Drama des Sturm und Drangs, das es zur Zeit der Aufklärung nicht gab: die Behandlung von gesellschaftlichen Problemen. Den Dramen aus dieser Zeit ist auch immer eines gemein: Am Schluss muss der Held an den gesellschaftlichen Verhältnissen scheitern und kann seine Identität lediglich durch Selbstmord, Mord oder Selbstverstümmelung retten

 

Der Roman 

 

Der erste erfolgreiche bürgerliche Roman, der erschienen ist, war der Briefroman Die Leiden des jungen Werthers von Johann Wolfgang von Goethe. Davor gab es zwar auch zwar auch schon bürgerliche Romane, aber diese Form der Großepik hatte noch immer nicht das Ansehen. Erst in der Epoche des Sturm und Drangs wuchs er aus seinen Kinderschuhen heraus. Die Form des Briefromans war neu. Sie ermöglichte aber, das Gefühlsleben, die Emotionen durch unkonventionelle Sprache zum Ausdruck zu bringen. Werther ist ein junger, bürgerlicher, intellektueller Mann, der im Rahmen seines Versuches, sich in die Ständegesellschaft einzugliedern, scheitert. Er wählt den Freitod. Werther war ein Außenseiter und konnte sich nicht anpassen - im Gegensatz zu Albert. Werther pochte auf sein Recht der Selbstbestimmung. Auch sein Selbstfindung und Selbstverwirklichung waren ihm wichtig. Bei seiner Arbeit war dies aber unmöglich, da er Sekretär war. Die Liebe war für ihn eine Möglichkeit, ein Ausweg aus der Unterordnung, da sie die die Möglichkeit einer Gleichstellung bot. 

 

Die Lyrik im Sturm und Drang

 

Die Gedichte im Sturm und Drang waren geprägt von Natur- und Liebesgedichten, aber auch lehrhafte Gedichte waren ein wichtiger Bestandteil. Einige Beispiele für die Empfindungslyrik sind Gottfried August Bürgers Der Bauer an seinen durchlauchtigen Tyrannen oder Goethes Willkommen und Abschied

 

Willkommen und Abschied (1771)

 

Es schlug mein Herz; geschwind, zu Pferde!

Und fort, wild wie ein Held zur Schlacht.

Der Abend wiegte schon die Erde,

Und an den Bergen hing die Nacht.

Schon stund im Nebelkleid die Eiche

Wie ein getürmter Riese da,

Wo Finsternis aus dem Gesträuche

Mit hundert schwarzen Augen sah.

 

Der Mond von einem Wolkenhügel

Sah schläfrig aus dem Duft hervor,

Die Winde schwangen leise Flügel,

Umsausten schauerlich mein Ohr.

Die Nacht schuf tausend Ungeheuer,

Doch tausendfacher war mein Mut,

Mein Geist war ein verzehrend Feuer,

Mein ganzes Herz zerfloß in Glut.

 

Ich sah dich, und die milde Freude

Floß aus dem süßen Blick auf mich.

Ganz war mein Herz an deiner Seite,

Und jeder Atemzug für dich.

Ein rosenfarbnes Frühlingswetter

Lag auf dem lieblichen Gesicht

Und Zärtlichkeit für mich, ihr Götter,

Ich hofft’ es, ich verdient’ es nicht.

 

Der Abschied, wie bedrängt, wie trübe!

Aus deinen Blicken sprach dein Herz.

In deinen Küssen welche Liebe,

O welche Wonne, welcher Schmerz!

Du gingst, ich stund und sah zur Erden

Und sah dir nach mit nassem Blick.

Und doch, welch Glück, geliebt zu werden,

Und lieben, Götter, welch ein Glück!

 

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Anmerkung:

Das Gedicht Willkommen und Abschied wäre anbei eine gute Übung, um die rhetorischen Figuren zu wiederholen, da sehr viele von ihnen enthalten sind.